Dass es mit der Linde so tragisch enden würde, war nicht abzusehen

Kurdirektor bedauert Fällung, aber: Fachleute erklärten Baum für verloren. Es ist ein Jammer, sagte eine Pyrmonterin, die es gestern wie viele andere Bürger auf dem Weg ins Zentrum zur unteren Hauptallee zog. Und manch Wehmütiger hatte seinen Fotoapparat dabei, um zum Abschied noch ein letztes Bild von der am Montagabend gefällten, über 300 Jahre alte Linde zu machen.

Mit der Drehleiter DLK23/12 legte die Feuerwehr eine Seilwinde um den im Innern hartnäckig brennenden Baum. Der wohl älteste Baum des gesamten Kurbezirks war von Staatsbad-Mitarbeitern unter Mithilfe von Feuerwehr, Polizei und Stadt etwa einen Meter oberhalb der Erde angesägt und mit einer Seilwinde zu Fall gebracht worden. Um kurz nach 21 Uhr ging der Baum-Methusalem mit lautem Krachen zu Boden. Der Grund für die Aktion: Das am Montagvormittag entdeckte, möglicherweise durch eine fehlgeleitete Silvesterrakete entstandene Feuer im Innern der hohlen Linde war nicht zu ersticken. Durch Insekten- und Nager-Gänge im porösen Holz sowie im Erdreich gelangte stetig Frischluft in den Stamm. Sie gab den in den Hohlräumen sitzenden und somit durch Löschwasser nicht erreichbaren Glutnestern in dem oben offenen Stamm immer neue Nahrung. Laut Auskunft von Bad Pyrmonts stellvertretendem Ortsbrandmeister Michael Kuhn, der die beiden Einsätze der Feuerwehr tagsüber geleitet hatte, wäre auch ein Einschäumen des hohlen Inneren sinnlos gewesen. Der Schaum hätte sich sofort aufgelöst und wäre unten wieder herausgeflossen. Er wäre im Stamm höchstens auf einem halben Meter stehengeblieben, sagte Kuhn gestern. Schon kurze Zeit, nachdem Kurdirektor Heinz-Hermann Blome am Montag erklärt hatte, vor einer Entscheidung für oder gegen den Erhalt des brennenden Baumes die Nacht abwarten zu wollen, wendete sich das Blatt: Um kurz nach 20 Uhr waberte wieder gelblich-grauer Rauch aus dem rund sechs Meter hohen Linden-Stumpf. So gab Blome nach einem letzten Telefonat mit der Landesdenkmalpflege schließlich sein Okay zum Fällen. Alles, was ich mir ausdenken konnte, um den Baum zu retten, habe ich veranlasst, sagte der Staatsbad-Chef gestern. „Dass es so tragisch enden würde, war nicht abzusehen. Aber: Alle Fachleute haben einmütig erklärt, dass die Linde am Ende sei. Die lebendige Holzschicht sei mit etwa zehn Zentimetern sehr dünn gewesen anders als das Totholz. Und die Überlebenstriebe, die so üppig aus dem Stamm sprießten, hätten ohnehin bald gekappt werden müssen, weil sie aus dem morschen Holz hätten ausbrechen können. Als lebendiger Baum ist die Linde nun zwar endgültig verloren. Die Überreste des Stamms sollen jedoch konserviert werden und im Bergkurpark einen Platz finden. So leid es Blome um die Linde tut, so betonte er doch gestern: Wir dürfen nicht vergessen: Das war ein Baum. Wir haben mehr versucht als üblich, um ihn zu erhalten. Aber nichts lebt ewig.

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